Roboterzelle zur automatisierten Endmontage von Automobilkunststoffteilen, geplant, entwickelt, programmiert und erstellt durch die Framat GmbH
Framat GmbH

Framat GmbH entwickelt eine automatisierte Logistiklösung für den Motorenhersteller Skoda

„Industrie 4.0“ steht für die vierte industrielle Revolution. Kreiert wurde der Begriff im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Eine Forschungsplattform hatte zwischen 2006 und 2013 das Ziel formuliert: Die industrielle Produktion wird verzahnt mit intelligenten digitalen Systemen.

Die Framat GmbH im oberfränkischen Helmbrechts (www.framat.eu) dürfte den geistigen Vätern der Hightech-Strategie gefallen, denn das Handwerksunternehmen fertigt seit 2013 neben individuellen, ergonomischen Montagevorrichtungen, Sondermaschinen und vollautomatisierten Fertigungsanlagen für Großserienteile auch zunehmend Roboteranwendungen.

Christian Eyler im Vortrag beim Maschinenbau-Forum der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer, Prag, November 2016
Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer
2016 hat der gebürtige Hamburger, Christian Eyler, die Unternehmensnachfolge angetreten und schnell das öffentliche Interesse auf die Framat GmbH gelenkt. Während einer Geschäftsanbahnungsreise nach Tschechien (durchgeführt von der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer und unterstützt durch Bayern Handwerk International) wurde der Autobauer Skoda auf den diplomierten Wirtschaftsingenieur und das innovative Unternehmen aufmerksam.

Bayern Handwerk International hat mit Christian Eyler gesprochen.

 

BHI: Herr Eyler, seit Mai 2016 sind Sie Geschäftsführer der Framat GmbH. Erzählen Sie uns etwas über den Hintergrund.

Eyler: Nun, ich bin ein „Fischkopf“ aus Hamburg, lebe aber länger schon in Oberfranken. Ich bin studierter Wirtschaftsingenieur, mit einem internationalen Hintergrund in unterschiedlichen Vertriebs- und Managementpositionen, und ich wollte mich immer schon als Unternehmer auf eigene Beine stellen. Diese Möglichkeit hatte ich als Firmennachfolger bei der Framat GmbH, und das mit großem Erfolg.

BHI: Auf ihren Internetseiten ist von „Sondermaschinen“ die Rede. Was kann man sich darunter vorstellen?

Eyler: Unter „Sondermaschinenbau“ verstehen wir maßgeschneiderte, individuelle Lösungen, um die Produktionsprozesse unserer Kunden effizienter zu gestalten. Unser Schwerpunkt liegt im Bereich „Automatisierungstechnik“, insbesondere für die Kunststoffverarbeitung in der Automobilindustrie. Unsere Kunden stellen beispielsweise Stoßfänger oder Kunststoffteile für den Automobilinnenraum her.

BHI: Ihre Dienstleistung greift die Kundenidee auf und reicht von der Konzeption, Konstruktion und Herstellung, über Programmierung und Elektrotechnik, bis zur Installation. Wie schafft ein kleines mittelständisches Unternehmen dieses breite Spektrum?

Eyler: Wir haben mit 40 Mitarbeitern angefangen und sind nun bei 50. Tatsächlich bieten wir Komplettlösungen aus einer Hand. Wir wollen unseren Kunden mit einer großen Fertigungstiefe flexibel und reaktionsschnell effektive Anlagen bieten, deshalb haben wir angefangen, alles unter einem Dach zu entwickeln und auch selbst im Ausland zu installieren.

BHI: Das bedeutet wohl auch, dass Sie hoch qualifizierte Mitarbeiter in den unterschiedlichen Fertigungsbereichen benötigen.

Eyler: Ja.

BHI: Sie holen sich also keine Experten von außen, die Leute sitzen alle bei Ihnen?

Eyler: Genau. Wir haben ein enorm hohes Knowhow im Hause. Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig weitergebildet, weil sich im Automatisierungsbereich vieles tut. Wir suchen auch weiterhin qualifizierte Mitarbeiter, etwa in den Bereichen „Elektrotechnik“ und „Programmierung“.

BHI: Sie konnten 2016 während einer Geschäftsanbahnungsreise der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer und Bayern Handwerk International in Prag den Automobilhersteller Skoda für sich gewinnen.

Eyler: In Prag fand ein Maschinenbausymposium statt, dorthin wurde die Framat Gmbh zu einem Fachvortrag eingeladen. Durch die Auslandshandelskammer wurde schließlich der Kontakt zu Skoda und zu anderen potenziellen Partnern hergestellt. Das war insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung, und wir haben daraufhin den Auftrag zu einem Automatisierungsprojekt im tschechischen Motorenwerk erhalten.

BHI: Welchen Auftrag konkret?

Eyler: Es handelt sich um eine Zwischenlagerungseinheit im Motorenbau.

BHI: Womit konnten Sie Skoda überzeugen?

Eyler: … sicherlich mit unserer langjährigen Kompetenz … und weil wir auch den engen Zeitplan, den uns Skoda vorgab, einhalten konnten. Uns hilft dabei unsere Flexibilität, die ich schon genannt habe, um Aufträge vernünftig einzusteuern und termingerecht auszuführen.

BHI: Tschechiens Automobilproduktion ist auf Rekordkurs, es wurden hier erstmals mehr als 1,3 Mio. Fahrzeuge produziert. Profitieren Sie von der allgemeinen Konjunktur oder bringen Sie außerordentliche Voraussetzungen mit, durch die Sie sich unterscheiden?

Eyler: Natürlich profitieren wir von der guten Konjunktur. Aber wir sind aufgrund unserer Firmengröße und unserer Ausrichtung gut aufgestellt, um die Automobilzulieferer in erwarteter Qualität zu bedienen. Im Vergleich zu großen Unternehmen können wir preislich absolut wettbewerbsfähig sein, im Vergleich zu kleinen Unternehmen punkten wir durch die große Fertigungstiefe und das breite Knowhow in unserem Unternehmen.

BHI: Tschechien ist vermutlich nicht ihr erstes Auslandsgeschäft.

Eyler: Richtig. Wir sind in Europa schon seit vielen Jahren tätig und haben auch in Übersee erste Aktivitäten. Unser Ziel ist, eine strategische Internationalisierung zu betreiben. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Großkunden zusammen und suchen auch lokale Partner im Ausland. Diese Partner sollten möglichst viel Erfahrung im After-Sales-Bereich haben, auch mit guten lokalen Kontakten zur Industrie, um den Service vor Ort durchführen zu können.

BHI: Sie arbeiten mit den Auslandshandelskammern zusammen und greifen hier auch auf die Unterstützung durch Bayern Handwerk International zurück. Auf der Internationalen Maschinenbaumesse MSV 2017 haben Sie an der von der EU-Kommission geförderten Kooperationsbörse Kontakt-Kontrakt teilgenommen. Die nächste MSV findet Anfang Oktober 2018 in Brünn statt. Da liegt eine Messeteilnahme für die Framat GmbH nahe.

Eyler: Dienstleistungen und Kontaktanbahnungen der Kammern sind sehr wertvoll, ich habe auch schon an mehreren Delegationsreisen teilgenommen. Wir sind noch auf der Suche nach weiteren After-Sales-Partnern und versprechen uns über die Kontaktbörse und auch über die MSV in Brünn weitere Kontakte in die tschechische Industrie.

BHI: Auf Ihren Seiten findet man einen Spruch: „Geht nicht, gibt’s nicht.“

Eyler: Der trifft auf uns und unsere ambitionierten Mitarbeiter voll und ganz zu.

BHI: Wo sehen Sie sich in 3 Jahren?

Eyler: Da werden wir sicher eine Hausnummer weiter sein. Wir bleiben an unserem Standort Helmbrechts und können ihn auch noch weiter ausbauen und wir haben auch noch nicht die Grenze des Umsatzes erreicht. Auf jeden Fall werden wir uns weiterhin auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren. Unser strategisches Spielfeld ist die Internationalisierung. Das Ganze steht und fällt aber natürlich mit dem geeigneten Fachpersonal: Azubis, die in unserem Haus zu Mechatronikern ausgebildet werden, Elektrotechniker, Maschinenbauingenieure, SPS-Programmierer und qualifizierte Maschinenbaumonteure. Am liebsten suchen wir Mitarbeiter, die in der Region ihre Wurzeln haben. Denen können wir interessante und hochtechnische Jobs anbieten.

BHI: Dann hoffen wir mal, dass der Eine oder die Andere mit Ambitionen zu einem technisch orientierten Handwerksberuf und mit Liebe für Oberfranken diesen Beitrag lesen und sich aufgerufen fühlen.

Eyler: Das würd’ mich sehr freuen.

 

Das Interview führte Maria Weininger (Bayern Handwerk International)