Glashütte Lamberts
Ofenhalle Lamberts

Mundgeblasenes Flachglas – der entscheidende Rohstoff für Glaskultur

Glashütte Lamberts
Glasbläser Lamberts

„Ein Wunsch der Glashütte Lamberts Waldsassen GmbH ist in Erfüllung gegangen“, sagt der Geschäftsführer Christian Baierl. „Die traditionelle Methode der mundgeblasenen Flachglasfertigung wurde 2023 von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt, die Urkunde wurde im November 2024 überreicht.“ Nach vielen bayerischen und nationalen Auszeichnungen ist Lamberts nun auch formal in der Riege der Weltbesten angekommen.

Die Glashütte pflegt seit fast 120 Jahren mit der mundgeblasenen Flachglasfertigung ein Handwerk, das mittlerweile nahezu ausgestorben ist. Nach der Gründung der Glashütte Lamberts Anfang des 20. Jahrhunderts hat man in Waldsassen begonnen, in dieser Handwerkskunst zu produzieren. „Mittlerweile gehören wir weltweit zu den letzten beiden Glashütten, die das Gewerk der handwerklichen Flachglasfertigung verstehen und auch immer noch nach traditionellen Verfahren anwenden. Gleichzeitig sind wir Weltmarktführer“, sagt Christian Baierl.

Bayern Handwerk International gratuliert

Bayern Handwerk International (BHI) gratuliert zur Auszeichnung. „Hier zeigt sich wieder einmal die internationale Anerkennung für die hohe Qualität von Bayerns Handwerkskunst, die man vor allem bei der Restaurierung im Handwerk findet,“ sagt Edith Böhm. Dem Gewerk des Glaserhandwerks komme dabei eine sehr wichtige Rolle zu, man denke nur an Kirchen und profane denkmalgeschützte Gebäude im Inland wie im Ausland. Die Glasverarbeitung werde allerdings in der öffentlichen Wahrnehmung nicht immer angemessen beachtet. Die UNESO habe mit der Anerkennung nun auch diesen Bereich in den Fokus genommen.

Das Unternehmen sei bereits bei mehreren internationalen Markerschließungsprogrammen beteiligt gewesen, die von BHI, mit Partnern u.a. der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz durchgeführt worden seien, sagt Edith Böhm: bei einer Delegationsreise nach Rumänien, einem gemeinsamen Projekt von Bayern Fit for Partnership (BFP) mit tschechischen Unternehmen und bei der CONTACT“ denkmal“ 2024 in Leipzig, einer internationalen Kooperationsbörse.

Die historisch relevante Fertigungstiefe in besonderer Vielfalt

Ein Blick auf die Besonderheit der Glashütte Waldsassen: Das Unternehmen produziert auch heute noch in der unter Denkmalschutz stehenden und 1906 erbauten Ofenhalle hochwertige Flachgläser für Architektur, Denkmalschutz und Kunst. Einzigartig ist der Prozess: Der erste Schritt ist das Zylinderglas, das wird aufgeschnitten, erneut erwärmt und aufgefaltet. „Den Reiz ergibt die bewegte Struktur und spannende Lichtreflexionen des fertigen Glases“, erklärt Christian Baierl. „Wenn man an einem Gebäude mit mundgeblasenen Glasscheiben vorübergeht, erkennt man sofort die unbeschreiblich schöne, unregelmäßige Lebendigkeit.“

Glas aus Waldsassen findet man in 40 Ländern. Es gibt zahlreiche renommierte Projekte, hervorzuheben sind der Big Ben in London und der Kölner Dom. Zur Restaurierung der vier etwa sieben mal sieben Meter großen Ziffernblätter der Turmuhr in der britischen Hauptstadt mussten 1.300 Produktionstafeln hergestellt werden. Der Kölner Dom erhielt nach einem Entwurf von Gerhard Richter im Süd-Querhaus ein neues, modernes Fenster. „Die besondere Leuchtqualität des farbigen Lichts hat dem Dom eine große öffentliche Aufmerksamkeit gebracht.“ Christian Baierl erklärt den Zusammenhang so: „Wenn man hier was Besonderes erreichen will, geht es nicht ohne einen hervorragenden Rohstoff Glas. Und hinter jedem dieser Projekte sitzen außerdem noch erfahrene Handwerksbetriebe. Darin steckt so viel Erfahrung.“

Die Zukunft des Glashandwerks

Die Glashütte biete in der Fertigungsbreite wie auch in der historisch relevanten Fertigungstiefe eine besondere Vielfalt, in Schattierung, Oberflächenstruktur, Materialkompositionen und Farben. Für Gerhard Richters Werk am Kölner Dom standen 5.000 Farbgläser zur Auswahl. Stolz schwingt in Christian Baierls Ausführungen mit, wenn er sagt: „Wir können heute noch alles das fertigen, was die Glashütten weltweit in den vergangenen Jahrhunderten produzieren konnten. Egal ob ein Stück oder Großprojekte.“

Das UNESCO Weltkulturerbe sei für ihn eine besondere Auszeichnung, sagt der Geschäftsführer, das Unternehmen könne sich aber darauf nicht ausruhen. „Das nächste Ziel haben wir bereits im Auge: Wir wollen der Glaskunst und der handwerklichen Glasverarbeitung zu einer neuen Wahrnehmung verhelfen.“

Weitere Informationen: www.lamberts.de

Das Interview führte Maria Weininger/BHI