Wackerbauer_Nachrüstung_Trennmühle_Schweden_2018 zugeschnitten
Wackerbauer Maschinenbau GmbH

Wackerbauer Maschinenbau GmbH aus Ampfing denkt Mülltrennung zu Ende

Im November 2018 starten die Fachmesse und der Kongress Smart City Expo in Barcelona, beides weltweit einzigartige Events, um sich über intelligente und nachhaltige Stadtentwicklung auszutauschen.

Experten und Führungskräfte von Kommunen, Unternehmen, Start-ups, Forschungszentren und Initiativen für intelligente Stadtentwicklung können in Barcelona am bayerischen Gemeinschaftsstand eine gemeinschaftliche Video-Präsentation bayerischer Handwerksbetriebe sehen. Mit dabei ist die Wackerbauer Maschinenbau GmbH aus Ampfing, ein Handwerksunternehmen mit Leuchtturmcharakter.

BHI hat mit Claudia Wackerbauer gesprochen. Sie ist neben Günter Wackerbauer Geschäftsführerin des Unternehmens.



BHI: Frau Wackerbauer, unter „Smart City“ versteht man landläufig die Nutzbarmachung digitaler Möglichkeiten, und man denkt dabei in erster Linie an HI-TECH-Unternehmen. Nun sind Sie aber ein Handwerksunternehmen. Wie kann man sich bei der zunehmenden Digitalisierung die Rolle des Handwerks vorstellen?

Wackerbauer: Zu Smart City und Stadtentwicklung gehört auch eine intelligente Abfallentsorgung mit moderner Technik, ressourcenschonend und nachhaltig. Und das sind die Themen unserer Anlagen: Die Bioabfallaufbereitung, die Absonderung des organischen Abfalls und die Energiegewinnung. Handwerk hat hier einen wichtigen Platz. Nehmen wir unser Unternehmen: Wir machen individuelle Lösungen möglich. Die Digitalisierung vereinfacht zwar die Prozesse, aber das geschieht erst am Ende eines Projekts. Am Anfang steht erst einmal die Aufgabenerfassung: Was genau braucht der Kunde? Diese Voraussetzung muss dann in ein zukunftsfähiges System übersetzt werden. Handwerksbetriebe haben dabei einen entscheidenden Vorteil, denn wir sind daran gewöhnt, dem Kunden zuzuhören und Erfordernisse mit unseren handwerklichen Fähigkeiten in Ergebnisse umzuwandeln.

BHI: Der Prozess der Umsetzung und die Konstruktion von Aufbereitungsanlagen ist bei Ihnen überwiegend ein individueller handwerklicher Prozess? 

Wackerbauer: Genau. Aber natürlich haben auch wir digitalisierte Prozessschritte eingebunden, wenn zum Beispiel die Daten einer Konstruktion direkt durch die Maschine übersetzt werden. Wir drucken nicht mehr auf Papier aus, stattdessen werden Datenpakete hin- und hergeschickt. Man nutzt eine App, um Schwingungen zu messen. Außerdem stärkt ein digitalisierter Informationsfluss die Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter. Trotzdem haben wir noch die klassischen Tätigkeiten eines Handwerksbetriebes. In unserem Fall des Maschinenbauers, mit Anpassen, Montieren, Testen. Wie man früher Geräte zum ergonomischen Arbeiten eingesetzt hat, nutzt man halt heute digitale Prozesse, um den Kopf für die handwerkliche Tätigkeit frei zu haben.

BHI: Bayern Handwerk International hat 2013 schon einmal über Sie berichtet, als Sie den Bayerischen Staatspreis für Ihre Trennmühle erhalten haben, eine Erfindung, mit der Mischungen von Kunststoffen und Lebensmitteln getrennt werden. Dazu kam später auch noch die Stoff- und Speiseresteverwertung. Was durch Ihre Maschinen geht, wird wiederverwertet. Sie konnten in den letzten fünf Jahren Ihren Weg erfolgreich weitergehen. Mittlerweile sind Sie in Großbritannien, Österreich und Italien aktiv. Nun folgt Spanien.

Wackerbauer: Der Staatspreis war eine hohe Auszeichnung, die wir für uns nutzen konnten. Mittlerweile haben wir weltweit 65 Anlagen von dieser damals prämierten Erfindung gebaut. Eine der ersten Maschinen wurde 2014 für einen Probebetrieb in Barcelona eingesetzt. Dort hat man eine neue Art von Bioabfallentsorgung eingeführt und musste Biomüll aus dem Hausmüll heraussortieren. Diese aussortierte organische Fraktion landet heute in unserer Mühle. Und die hat sich mittlerweile bewährt. In einigen Tagen geht eine unserer Maschinen auf Mallorca in Betrieb. Hier geht es um den Abfall aus der Biotonne. Die Kunststoffe werden ausgeschlossen und danach die organischen Stoffe zur Gasgewinnung vergärt. Dieses Gas kann man in das Gasnetz einspeisen oder reinigen und für Fahrzeuge nutzen. Man könnte also damit Müllfahrzeuge betreiben, die den Biomüll einsammeln. Und damit schließt sich der Kreis.    

BHI: 2013 hatten Sie Sorge, Kopien aus dem Ausland könnten den Erfolg Ihrer Erfindung in Gefahr bringen. Wie ging die Geschichte weiter?

Wackerbauer: Kopiert wird nach wie vor. Mittlerweile haben wir aber die 65 Anlagen als Vorsprung, und wir haben uns ständig weiterentwickelt. Kunden, die Qualität suchen und nicht alleine über den Preis entscheiden, wählen das Original. Wir hören dem Kunden zu, schließlich muss er mit der Anlage arbeiten. Diese Ideen bewerten wir und lassen sie in das Produkt einfließen. Und das spricht sich rum. Die Abfallwirtschaft ist eine kleine Branche und dort hat sich im Sprachgebrauch die „Wackerbauer-Prozesstechnologie“ eingebürgert. Das ist der beste Beweis, dass sich das Original durchgesetzt hat.

BHI: Welche Rolle spielt Bayern Handwerk International bei dieser Entwicklung im Hinblick auf den Auslandsmarkt?

Wackerbauer: Bayern Handwerk International ist für uns ein wichtiger Netzwerkpartner. Die Auslandberaterin hat uns bei den länderspezifischen Besonderheiten in Spanien sehr unterstützt und unsere Bürokratie entlastet. Und wenn es bloß die Frage ist: „Kennen Sie einen Ansprechpartner in Spanien?“ Das zweite ist die Exportunterstützung durch die Handwerkskammer für München und Oberbayern, die Auslandshandelskammern und das bayerische Wirtschaftsministerium, durch Bayern Innovativ und Bayern International. Wichtig ist mir die Neutralität dieser Organisationen. Man kann als Unternehmen diese Quelle nutzen, um sich eine eigene Meinung zu bilden und eine Entscheidung zu treffen.  Ob es um eine Messebeteiligung oder um eine Delegationsreise geht: Es hat uns in allen Bereichen geholfen, auch wenn es uns schon einmal die Erkenntnis gebracht hat, dass wir nicht aktiv werden, weil es nicht der richtige Zeitpunkt oder nicht das richtige Zielland war.

BHI: Noch einmal zurück zum Kongress in Barcelona: Während der Fachmesse gibt es die Initiative "Towards Zero Waste". Damit soll Abfall reduziert und die effiziente Nutzung von Ressourcen während der gesamten Veranstaltung gesteigert werden. Ihr Thema also.

Wackerbauer: Genau. Das wäre unser Thema. Man müsste diesen Prozess zu Ende denken. Einerseits die Energiegewinnung aus der Biomasse in Form von Gas und dazu das Gärprodukt, das man im günstigsten Fall als Dünger verwenden könnte.

BHI: Die Wackerbauer-Prozesstechnologie im Anschluss an die Abfallentsorgung der Fachmesse Smart City in Barcelona. Das wär‘ doch was.

 

Das Interview führte Maria Weininger, Bayern Handwerk International

Bildquelle:

Wackerbauer Maschinenbau GmbH
Wernher-von-Braun-Str. 7
84539 Ampfing