Mit Theorie alleine kann letztlich nichts restauriert werden
Die Brüder Johannes Preis und Rainer Preis arbeiten im Bereich Restaurierung und Denkmalpflege, mit den Schwerpunkten Restaurierung von Gemälden, Skulpturen und Deckenmalereien. Beide sind diplomierte Restauratoren, fühlen sich dennoch im Handwerksberuf des Kirchenmalers und Vergolders verwurzelt. Zu ihren bisherigen Projekten im Ausland gehört eine der bedeutendsten Barockkirchen Europas, die Kollegienkirche in Salzburg.
Bayern Handwerk International hat mit Rainer Preis gesprochen. Er leitet das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Johannes in zweiter Generation.
BHI: Herr Preis, vor 60 Jahren hat Ihr Vater als Kirchenmaler die Restaurierungswerkstatt gegründet. Was hat sich für das Handwerk seit dieser Zeit geändert?
Rainer Preis: Erst mal war mein Vater lange Zeit ein Ein-Mann-Betrieb. In den 70er Jahren wurde das Unternehmen relativ groß. In den 80er Jahren ist die Firma dann wieder geschrumpft und hat sich heute bei etwa 20 Mitarbeitern eingependelt.
BHI: Der Grund war vermutlich: Der Kirchenmaler hatte in den 1980er Jahren bei den Auftraggebern plötzlich nicht mehr den traditionellen Stellenwert. Es waren nun Restauratoren mit Hochschulstudium gefragt.
Rainer Preis: Die Akademisierung in der Denkmalpflege hat sich in Deutschland im Verlauf der 80er Jahr langsam durchgesetzt. Davor war die einzige Möglichkeit ein Diplom zu erwerben an der Staatlichen Akademie in Stuttgart gegeben – mit jährlich etwa fünf bis sechs Absolventen. Das Studium war einmal gedacht für Leute in leitender Position, heute gibt es derartige Studienmöglichkeiten in fast jedem Bundesland, mit einer entsprechend gestiegenen Zahl an Absolventen, bzw. Absolventinnen.
Rainer Preis: Genau. Viele unserer besten Leute sind gelernte Kirchenmaler, die sich weitergebildet haben. Das Problem der akademischen Ausbildung ist aus meiner Sicht der relativ geringe Anteil an praktischer Ausbildung. Zu meiner Zeit waren vor Studienbeginn wenigstens noch 3 Jahre Praxis Voraussetzung. Heute stellt sich das Problem, gute Handwerker oder auch Lehrlinge zu finden, weil viele gleich den direkten Weg über die Hochschule gehen. Alleine mit Theorie kann man aber letztlich nicht restaurieren.
BHI: Sie sagten, zu Ihrer Zeit seien 3 Jahre Praxis Voraussetzung gewesen.
Rainer Preis: Das wurde mittlerweile abgeschmolzen, meist auf ein Jahr, von Hochschule zu Hochschule ist das etwas unterschiedlich. Das heißt, man macht nach dem Abitur ein Jahr Praktikum, dann studiert man, und danach soll man praktisch arbeiten. Das erscheint mir schwierig.
BHI: Merken die Auftraggeber, dass derjenige, der „Hand anlegen kann“, letztlich vielleicht sogar der Bessere ist?
Rainer Preis: Wer der Bessere ist, will ich nicht beurteilen, das hängt letztlich immer an Personen. Auf jeden Fall ist derjenige, der Hand anlegt, unverzichtbar. Der Trend zur Akademisierung greift heute ja in vielen Bereichen um sich, vielfach auf Kosten des Handwerks, das zugleich in seinem Ansehen abgewertet wird. Ich habe allerdings den Eindruck, dass hier ein Umdenken eingesetzt hat. Ich glaube zu erkennen, dass es wieder eine Tendenz zum Handwerk gibt.
BHI: Ist der Handwerker günstiger?
Rainer Preis: Das kann man so nicht sagen. Der Kirchenmaler hat vielleicht sogar höhere Stundensätze, weil er in den Tarifvertrag eingebunden ist. Wenn ein diplomierter Restaurator als Einzelperson unterwegs ist, keine Werkstatt unterhalten muss, noch bei den Eltern wohnt, ist er vielleicht sogar deutlich günstiger. Manchmal gibt es auch Dumpingangebote, wo man sagt: Das kann man dafür definitiv nicht vernünftig machen. Das ist eigentlich das größere Problem.
BHI: Was sagen Sie denn zur Möglichkeit des Restaurators im Handwerk?
Rainer Preis: Das finde ich gut, das hat viel Praxisbezug mit einem theoretischen Unterbau.
BHI: Ganz konkret: Man erlernt ein Handwerk, macht den Meister und dann stellt man fest: Denkmalpflege wär’ was, wo man gerne arbeiten würde. Was raten Sie?
Preis: Eine handwerkliche Ausbildung halte ich für eine optimale Voraussetzung für die Arbeit in der praktischen Denkmalpflege. Die Kirchenmalerausbildung ist ohnehin schon sehr stark auf Restaurierung ausgerichtet. Als Weiterbildungsmöglichkeit ist der Restaurator im Handwerk zu empfehlen, gegebenenfalls auch ein Studium.
BHI: Was empfehlen Sie Handwerkern aus anderen Gewerken. Was muss man mitbringen, wenn man in der Denkmalpflege arbeiten will?
Rainer Preis: Über den Beruf hinausgehende Liebe zur Ästhetik. Man braucht handwerkliches Geschick und Einfühlungsvermögen, eine künstlerische Ader, Liebe zu alten Dingen und auch den Willen, sich mit einer Sache auch theoretisch und ausdauernd auseinanderzusetzen.
BHI: Sie haben neben Ihrem Firmensitz in Regensburg noch zwei weitere Zweigstellen in Bayern und neuerdings auch noch eine in Salzburg. Die klangvollen Orte, an denen Sie bisher gearbeitet haben: Innenraum der Walhalla, Kaisersaal der Residenz in Würzburg, Altäre im Freisinger Dom.
Rainer Preis: Man muss natürlich schon sagen, dass diese Projekte nicht typisch für das Handwerk sind, reine Handwerksbetriebe waren sogar von der Ausschreibung ausgeschlossen. Trotzdem gibt es auch hier Bereiche, in denen sich die handwerklichen und akademischen Qualifikationen ideal ergänzen.
BHI: Sie machen in Österreich relativ viele Projekte. Das bekannteste ist die Raumschale der Kollegienkirche in Salzburg.
Rainer Preis: In der Kollegienkirche gab es zum Beispiel viele reine Kirchenmalerarbeiten, sprich: Tausende Quadratmeter Wand. Das Projekt ging mit Pausen über viele Jahre. Die Vorbereitungen und die Untersuchungen waren klassische Arbeiten für den diplomierten Restaurator, die Durchführung waren klassische Arbeiten für Kirchenmaler und Stuckateur.
BHI: Wie macht man den ersten Schritt ins Ausland?
Rainer Preis: Bei uns war das eher eine zufällige Geschichte und hat sich nach und nach entwickelt. Wir hatten durch ehemalige Kollegen gute Kontakte nach Österreich und arbeiteten viel in Kooperationen. Vertrauen und gute Kontakte bildeten sich so langsam heraus.
Bildquellen: Preis & Preis Werkstätten für Restaurierung, Parsberg
Das Interview führte Maria Weininger, Bayern Handwerk International